Drei Palmen

Dominik Hollmann
(Übersetzung aus M. J. Lermontow )

Im Wüstenbereich im Arabischen Land
stolz wuchsen drei Palmen hervor auf dem Sand.
Aus fruchtlosem Boden schlug plätschernd ein Quell -
ein kühlendes Wässerchen, labend und hell.
Von sengenden Strahlen, von Sandsturm und Föhn
ihn deckten die Blätter, ihr schützendes Wehn.

Viel Jahre vergingen. Doch traf sich noch nie,
daß müde ein Wand’rer am Quell beugt die Knie
zu stillen mit klar-kaltem Wasser den Durst,
zu kühlen im Schatten die brennende Brust.
Schon welkte vor Hitze das laubige Dach,
zu siechen begann auch der murmelnde Bach.

Da murrten die Palmen und fluchten dem Gotte:
„Sind wir nur geboren, um hier zu verrotten?
Ganz nutzlos erblüht in dem wüsten Gelände,
wo Winde uns peitschen und Hitze uns sengte?
Noch nie sah ein Mensch uns mit dankbarem Blick.
O Himmel, wie falsch lenkst du unser Geschick!“

Und sieh! In der Ferne, als wär’s eine Wand,
stieg hochaufgewirbelt der goldene Sand.
Vernehmbar melodisches Läuten der Schellen...
Wie Boote sich schaukeln auf rastlosen Wellen,
so kamen Kamele, die Hälse gestreckt.
Die Traglast - mit buntfarbnen Tüchern bedeckt.

Es schlenkerten zwischen den Höckern der Tiere
die Zipfel von Zelten mit Quasten und Schnüren.
Und hebt sie ein schwarzbraunes Händchen empor,
dann blitzen paar nachtdunkle Augen hervor.
Ein stolzer Araber auf feurigem Roß
sprengt kühn und verwegen voran seinem Troß.

Es bäumt sich der Rappen und springt voller Mut,
wie sonst ein verwundeter Panther es tut.
Und hoch auf dem Rosse des Reiters Gestalt
ist zierlich von weißem Gewande umwallt.
Und jauchzend und pfeifend jagt er durch den Sand.
Den Speer wirft und fängt er geschickt mit der Hand.

Schon nahte den Palmen der lärmende Zug.
Im Schatten er freudig sein Lager aufschlug.
Schnell wurden die Krüge mit Wasser gefüllt.
So ward denn der Palmbäume Sehnsucht gestillt.
Sie wiegten die Häupter: „Willkommen, ihr Gäste!“
Der Quell tränkt sie reichlich zum fröhlichen Feste.

Doch als es zu dunkeln im Tale begann,
weitaus in die Runde der Axtschlag erklang.
So fielen sie leblos, die Hundertjahralten.
Bald waren die Stämme zerhackt und zerspalten.
Die Kinder zerrissen das schmückende Kleid
und langsam verbrannte man Scheit dann um Scheit.

Als später der Nachtnebel mählich zerfloß,
zog weiter der lärmende, ruhlose Troß.
Nur traurige Spuren verblieben im Sand -
die kaltgraue Asche - die Reste vom Brand,
die dann in der Sonne verglühte zumal.
Der Wind sie verwehte im leblosen Tal.

Und heute ist öde und wüst diese Stelle.
Nicht rascheln die Blätter, verstummt ist die Quelle.
Vergebens fleht sie den Propheten um Kühle,
sie stirbt von des Sandsturmes grausamem Spiele.
Der gierige Geier allein sich ergötzt,
der hier seine Beute erwürgt und zerfetzt.

Übersetzt Ende 60-ger Jahre
Veröffentlicht 1989

ТРИ ПАЛЬМЫ

Михаил Юрьевич Лермонтов
(Восточное сказание)

В песчаных степях аравийской земли
Три гордые пальмы высоко росли.
Родник между ними из почвы бесплодной,
Журча, пробивался волною холодной,
Хранимый, под сенью зеленых листов,
От знойных лучей и летучих песков.

И многие годы неслышно прошли;
Но странник усталый из чуждой земли
Пылающей грудью ко влаге студеной
Еще не склонялся под кущей зеленой,
И стали уж сохнуть от знойных лучей
Роскошные листья и звучный ручей.

И стали три пальмы на бога роптать:
"На то ль мы родились, чтоб здесь увядать?
Без пользы в пустыне росли и цвели мы,
Колеблемы вихрем и зноем палимы,
Ничей благосклонный не радуя взор?..
Не прав твой, о небо, святой приговор!"

И только замолкли - в дали голубой
Столбом уж крутился песок золотой,
Звонком раздавались нестройные звуки,
Пестрели коврами покрытые вьюки,
И шел, колыхаясь, как в море челнок,
Верблюд за верблюдом, взрывая песок.

Мотаясь, висели меж твердых горбов
Узорные полы походных шатров;
Их смуглые ручки порой подымали,
И черные очи оттуда сверкали...
И, стан худощавый к луке наклоня,
Араб горячил вороного коня.

И конь на дыбы подымался порой,
И прыгал, как барс, пораженный стрелой;
И белой одежды красивые складки
По плечам фариса вились в беспорядке;
И с криком и свистом несясь по песку,
Бросал и ловил он копье на скаку.

Вот к пальмам подходит, шумя, караван:
В тени их веселый раскинулся стан.
Кувшины звуча налилися водою,
И, гордо кивая махровой главою,
Приветствуют пальмы нежданных гостей,
И щедро их поит студеный ручей.

Но только что сумрак на землю упал,
По корням упругим топор застучал,
И пали без жизни питомцы столетий!
Одежду их сорвали малые дети.
Изрублены были тела их потом,
И медленно жгли до утра их огнем.

Когда же на запад умчался туман,
Урочный свой путь совершал караван;
И следом печальный на почве бесплодной
Виднелся лишь пепел седой и холодный;
И солнце остатки сухие дожгло,
А ветром их в степи потом разнесло.

И ныне все дико и пусто кругом –
Не шепчутся листья с гремучим ключом:
Напрасно пророка о тени он просит –
Его лишь песок раскаленный заносит
Да коршун хохлатый, степной нелюдим,
Добычу терзает и щиплет над ним.

1839

Die Palmen

( D. Hollmann an Lermontow anschließend )

Es standen drei Palmen in sandiger Wüste...
(Wer weiß, welche Sünden der Väter sie büßten.)
Der Dichter berichtet, daß einst über Nacht
die Axt diese Palmen zum Falle gebracht,
die vordem so hochmütig waren und stolz.
Ein grausames Feuer verzehrte das Holz.
Träg sickerte trauernd die einsame Quelle.
Viel Jahre lang war sie ihr Leidensgeselle.
Ein aschgrauer Fleck blieb. Sein Los war entschieden...
Es staubt der Kamelenzug langsam nach Süden.

* * *

Doch als ihre Äste im Sterben erbebten,
da fielen wie Tränen die Samen zu Erden.
Leis murmelt die Quelle: “Den drei bin ich’s schuldig“.
Und speist und ernährt ihre Samen geduldig.
Sie findet zu allen den Körnern den Weg.
Und siehe - in jedem ein Leben sich regt.

* * *

Bald rauschen die Jungen im engen Verein
mit wehenden Wipfeln - ein schattiger Hain.
Und weil sie zeitlebens von Unheil bedroht,
So wurden sie kräftig und trotzen dem Tod.
Wie oft wollt der Sturmwind die Jungpalmen brechen,
Um sich an der Schönheit des Lebens zu rächen.
Umsonst grollt der Samum:* “Die Quelle verschütten!“

Sie standen!
         Sie wehrten sich!
                  Kämpften
                           und stritten!

Heut bietet der Hain vielen Wanderern Rast.
Die Quelle labt frei jeden dürstenden Gast.
Sie plätschert zufrieden und kühlend im Hag.
Da sieht man, was wirkliche Freundschaft vermag!

3.09.66

* Samum - heißer trockner Sandsturm in den Wüsten

Die Palmen

Kommentar


Nicht zufällig hatte Dominik Hollmann
das Gedicht „DREI PALMEN“ des russischen
Dichters M.J.Lermontow ins deutsche übersetzt.
Wie die drei Palmen von unbesonnenen Menschen
vernichtet wurden und dadurch die Quelle austrocknete,
so war auch die Wolgadeutsche Republik unbedacht
vernichtet, und dadurch das deutsche Volk in Rußland
zum Aussterben verdammt.

Der große Optimist Dominik Hollmann schreibt
zum verdeutschten Lermontow-Gedicht die Fortsetzung
„DIE PALMEN“, in dem er sagt:
doch war nicht alles verloren, stürzend ließen
die Palmen reife Samen in den Boden fallen,
wo tief im Sand verborgen die Quelle den Samen
zum Keimen brachte.
Bald wuchs hier ein neuer Palmenhain:

…Sie standen!
Sie wehrten sich!
Kämpften und stritten!…

So rief der Dichter seine Landsleute auf,
nicht zu verzagen, noch ist tief im Volk
die Muttersprache, das Deutschtum zu pflegen,
ein neuer Hain kann entstehen, wachsen, gedeihen.

Ausgewiesene

( aus "Sowremennik" Nr. 3, 1989 )

Wind und regnerisch Wetter...
Leid und Elend genug.
Tage kommen und gehen
wie ein ratternder Zug.

Und die Menschen, die fremden,
gehen schüchtern und sacht.
Man hat sie von weither
von der Wolga gebracht.

Weißbärtige Alten
saufen Fusel mit Graus.
Und die Postbotin Mascha
trägt die Dreiecke aus.

Was man alles erzählte
mit viel Haß im Gesicht:
ach das sind böse Menschen,
russisch sprechen sie nicht.

Düster deucht uns der Himmel,
wenn die Sonne auch scheint.
Nemzy,* ach welch ein Schrecken!
Nemzy - das ist der Feind.

Seid nicht dumm, liebe Dörfler,
seid vernünftig und klug.
Diese Menschen ertrugen
Not und Elend genug.

Lebten alle wie wir auch
und bebauten das Land,
sind gewaltsam vertrieben,
nach Sibirien verbannt.

Lebten glücklich und friedlich
nach sowjet'schem Gesetz.
Nichts veruntreut, verschuldet,
nichts zerstört, nichts verletzt.

...Zwei alte Baracken,
durchlöchert und blind,
die gab man zur Wohnung
für Greis und für Kind.

Die Frauen, sie schrubbten
und schaufelten Mist.
Die Gassenjungs jolten:
"Faschist, du Faschist."

Sie ertrugen es schweigsam
unter Tränen und stumm.
O verzeiht mir, auch ich war
damals grausam und dumm.

Jahre kamen und gingen
wie ein ratternder Zug,
Leid und Elend sie litten
mehr als genug.

Doch gemeinsame Arbeit
und viel Mühe und Not
für den Sieg, für den Frieden
und das tägliche Brot

brachten uns zu der Einsicht,
uns vereinte, verband.
Und wir reichten wie Brüder
einander die Hand.

Jene grausamen Jahre
verflogen wie Rauch.
Wir leben in Eintracht
wie's bei Brüdern der Brauch.

Wir bestellen den Acker -
unsre Pflicht, unser Los.
Deutsche Namen erklingen
jetzt gar oft im Sowchos.

* - Deutsche
1989

Ausgewiesene

Originaltext kommt

Der Weltbesorgnis

( aus Sergej Ostrowoj )

Die Welt trägt oft gemeinsam Trauer,
gemeinsam auch so manchen Schmerz.
Wenn Seuche oder Kriegesschauer
zerstören Städte allerwärts.

Und allgemein der Welt Verluste,
und allgemein der Menschen Weh,
wenn aus dem Leben scheiden mußte
ein Genius, der Weisheit Höh.

Die Welt hat manche schwere Sorgen.
Gemeinsam ist der Menschen Leid,
wenn rings verwuchert sind die Wege,
Verwilderung auf lange Zeit.

Es gibt auch allgemeine Zeichen,
wer sie vergißt, der übt Verrat.
In Hiroshima- Massenleichen,
in Buchenwald die Greueltat.

Und das Gedächtnis möge mahnen:
Nur Friede sei, kein Kriegesbraus!
Nie soll der Mut dazu erlahmen!
Die Erde ist uns Heim und Haus.

1981

Der Weltbesorgnis

Originaltext kommt

* * *

Übersetzung aus Olga Bergholz

Wild hastet das Neujahrsgestöber
und jubelt und zaubert und heult...
Der Freund ist zwar noch nicht gekommen,
doch steht ein Gedeck ihm bereit.

Daneben ein Glas, bis zum Rande
mit funkelndem Weine gefüllt.
Im Glanze der Lichter und Sterne
es ihm, dem Erwarteten, gilt.

Vielleicht steht er schon auf der Schwelle,
gleich tritt er, froh lächelnd, ins Haus.
Und hebt den Pokal: Prosit, Brüder!
Und trinkt ihn auf unser Wohl aus.

Drum hoch euer Neujahrsglas, Freunde,
zum fröhlichen Feste vereint!
Für alle, die fern von uns weilen!
Für jeden noch fehlenden Freund!

Aus Olga Bergholz

Originaltext kommt

* * *

Übersetzung aus Anna Achmatowa

Süßlich sind des Weinstocks blaue Beeren.
Trunken lockt die Gegend weit und breit.
Deine Stimme dumpf und fast betörend...
Niemand tut mir, niemand tut mir leid.

Spinneweben zwischen Trauben, Beeren.
Junge Reben sind geschmeidig dünn.
Weiße Wölkchen zieh’n durch blaue Sphären
wie im Bach die Schollen leicht dahin.

Sonne leuchtet aus des Himmels Pforte...
Geh zur Welle, klage ihr dein Leid.
Und vielleicht sagt sie dir Trostesworte
oder küßt dich voller Zärtlichkeit.

Aus Anna Achmatowa

Originaltext kommt

* * *

( aus Rassul Gamsatow )

Ich denk an dich bei froher Laune,
seh´ dich lebendig vor mir steh´n.
Ich rufe laut und fleh' und raune,
und möcht vor Sehnsucht fast vergeh´n.

Ich denk an dich bei trüber Stunde,
wenn mich ein herbes Leid bedrückt,
wenn schmerzlich meine Herzenswunde
mich ins Vergangene entrückt.

Ich seh´ im Geist die guten Augen
und hör der Stimme milder Klang.
Warum weilst du in fremdem Lande
so fern von mir so lang, so lang.

Was suchst du, Freund in fernen Gründen?
Wähnst du dort sei ein neues Glück?
Das kannst du nur zu Hause finden,
drum kehr´ recht bald zu mir zurück.

Aus Rassul Gamsatow

Originaltext kommt