Lieder auf D. Hollmanns Gedichte


Olga von der Wolga

       Dominik Hollmann

Ach, ich war kaum 18 Jahre
und voll Jugendschwärmerei.
Traf ich da ein holdes Mädel,
schön wie Heines Lorelei.

Und ich fragt’ nach ihrem Namen
und von welchem Ort und Land.
„Ich bin Olga von der Wolga“,
sie bescheiden mir gestand.

Ich verlor sie aus den Augen,
doch gewiß nicht aus dem Sinn.
Wo das Schicksal mich auch hintrieb,
nach der Wolga zog´s mich hin.

Ich gedachte sie zu finden
an des Stromes klarer Flut,
strebte hin aus weiter Ferne
mit des Herzens Liebesglut.

All mein Suchen war vergebens,
ganz umsonst die Liebesmüh’.
Ich fand Nina von der Dwina
eine Nonna von der Donau —
jene Olga fand ich nie.

Viele Jahre sind verflossen,
Jugend ist schon längst vorbei,
doch ich denk an jenes Mädel,
schön wie Heines Lorelei.

Aber hör´ ich von der Wolga,
zieht´s mich mächtig zu ihr hin.
Und die Olga von der Wolga
bleibt mir stets in Herz und Sinn.



Olga von der Wolga

Musik: Friedrich Dortmann



Olga von der Wolga

Dieses Lied wurde zum ersten Mal
auf dem 90jährigen Jubiläum
des Dichters Dominik Hollmann
von dem Komponisten E. Fritzler
selbst gespielt.

"Vom 80järigen Komponist
an den 90järigen Dichter"
steht unter dem Titel der Originalnoten.

Olga von der Wolga

Musik: E. Fritzler



Der Schirm

       Dominik Hollmann

Ob’s regnet, ob die Sonne scheint -
das bleibt mir schließlich gleich,
ich nehme meinen Schirm zur Hand
und eil´ zum Schwanenteich.

Dort treffe ich mein Mädel fein
und schau ihr ins Gesicht,
und spanne meinen Schirm gleich auf,
daß Sonne sie nicht sticht.

Und kommt ein trübes Wölkchen an,
und Tropfen fallen dicht,
so schützt der Schirm, daß Gott behüt,
sie nicht den Schnupfen kriegt.

Und gehen wir dann Hand in Hand
am Schwanenteich einher,
so fühl´ ich mich vor Glück so reich,
ich bin ein Millionär.

Mein Herz schlägt wie ein Schiffsmotor,
und jede Achtelstund´ -
spann ich den Schirm behutsam auf
und küß sie auf den Mund.



Der Schirm

Musik: Konstantin Baier



Im Birkenwald

       Dominik Hollmann

Am Wochenend´ im Birkenwald,
wenn’s schon bald Abend ist,
da kommt der forsche Willibald,
der lust´ge Gitarrist.
Was hat er da vermißt?

Er setzt sich auf ‘nen Birkenstumpf
und klimpert flott drauflos.
Es stimmen ein im vollen Chor
die Vögel klein und groß.
Das klingt ja ganz famos!

Er spielt begeistert und mit Kraft.
Die Birken tanzen schon
den Walzer und den Krakowjak,
Foxtrott und Kotilion...
Und wackeln mit der Kron.

Bald zeigt sich zwischen Baum und Strauch
ein himmelblaues Kleid.
Der Willi spielt nochmal so laut,
gewiß vor lauter Freud.
Was meint ihr denn, ihr Leut´?

Dann ist verstummt mit einem Mal
die traute Melodie.
Der Willi sitzt, und neben ihm
im blauen Kleid sitzt sie.
In schönster Harmonie.

Vom Westen schleicht ein goldner Strahl
durchs laubige Geäst.
Die kleinen Sänger haben sich
verkrochen in ihr Nest.
Ein jeder in sein Nest.

Jetzt ist es still, ganz still ringsum.
Allüberall ist Ruh.
Und nur der Kuckuck ruft dem Paar
wohl hundert Glückwünsch´ zu!
Tirrilala, Kuckuck!



Im Birkenwald

Musik: Sepp Österreicher



Moskaus Sommernacht

       Dominik Hollmann
Übersetzung aus M. Matussowski

Kein Geräusch sogar in dem Blättermeer.
Still ist’s, bis der Tag ist erwacht.
Freunde, wißt ihr denn, welchen Zauber weckt
Moskaus trauliche Sommernacht?

Strömt der Bach dahin, oder strömt er nicht,
ganz aus Mondscheinsilber gemacht?
Klingt ein Lied so zart, oder klingt es nicht
in der traulichen Sommernacht?

Warum birgst du, Lieb, deiner Augen Licht,
das mich immer so hoch beglückt?
Schwer zu sagen ist’s — ich vermag es nicht —
alles, was mir das Herz bedrückt.

Schau, im Osten tagt’s immer sichtlicher,
und der Silberschein schwindet sacht.
Doch vergiß sie nicht, diese friedliche
Moskaus mondhelle Sommernacht.



Moskaus Sommernacht

Musik: W. Solowjow-Sedoj

Die einsame Harmonika

       Dominik Hollmann
Übersetzung aus Issakowski

Alles ruht in der nächtlichen Stille.
Nirgends Lichtschein, es knarrt keine Tür.
Aber irgendwo wandert ganz einsam
ein Harmonikaton durchs Revier.

Zieht die Straße entlang, durch die Gassen,
bis zum Garten, wo Kirschbäume blühn.
Und es scheint, ob er jemanden suche,
doch vergebens ist all sein Bemühn.

Von dem Felde weht nächtliche Kühle...
Fallen Blüten vom Apfelbaum sacht.
Ach, gesteh’s nur, Harmonikaspieler,
wen du suchest im Dunkel der Nacht.

Denn vielleicht ist sie ganz in der Nähe,
auch so einsam, bescheiden und brav.
Warum wanderst du einsamer Jüngling?
Warum störst du die Mädchen im Schlaf?..



Die Einsame Harmonika

Musik: Boris Mokrousow

Stadt der Kindheit

       Dominik Hollmann
( nach einem russischen Lied )

Irgendwo gibt’s eine Stadt wie ein Traum.
Staubig die Straßen, die Blätter am Baum.
Glashell das Wasser im Bach ohne Harm.
Stadt meiner Kindheit, mein bleibender Scharm.

Eilig verlaß ich das Haus ohne Ruh.
Laufe zum Bahnhof, zum Schalter im Nu.
Fordre ein Wunder, mit flehendem Blick:
"Schnell eine Karte zur Kindheit zurück."

"Gibt’s nicht", ertönt´s aus dem Schalter zurück.
Wen soll ich fragen, wer gibt mir Bescheid.
Wo liegt der Weg zu der Kindsjahren Zeit.
Oder geleitet uns sehnlicher Sinn
nur in Gedanken zur Kindheit dahin?
( Süße Gedanken und träumender Sinn! )

Heimische Stadt, wie ein Märchen so lieb.
Schalkhafter Wind in die Ferne uns trieb.
Niemals vergeß ich, wie weit ich auch geh,
deiner Gebirge schwindelnde Höh.
Ragende Tannen in blendendem Schnee.

Bist wie ein Lied aus verschwundener Zeit.
Dank dir, weil du uns so manchmal erfreut.
Warte nicht, keiner kommt wieder zurück.
Wir sind erwachsen, uns treibt das Geschick
blüht uns doch überall reiferes Glück.

       " " "

Stadt der Kindheit

Noten

Aschenbrödel

       Dominik Hollmann
( Nach dem Motiv des Gedichts von Jlja Resnik )

Ob ihr’s glaubt nun oder nicht.
Gestern hatt´ ich ein Gesicht.
Wirklich wahr, man glaubt es kaum,
einen wunderbaren Traum.
Kaum, daß ich die Augen schloß,
kommt ein Prinz auf stolzem Roß.
Ganz in Samt und Silberglanz.
So viel Liebreiz, Eleganz
und begehrt mich auf zum Tanz.
Schlank und zierlich und gewandt,
beugt sich tief, küßt mir die Hand.
Und sein Blick ist mild und warm.
Sanft umfaßt mich dann sein Arm,
führt mich zu dem Schloßportal...
Gleich darauf sind wir im Saal.
Schau ich: Wände fein bemalt,
alles ringsum lichtbestrahlt.
Stolze Ritter, stumme Damen
grüßend uns entgegenkamen.
Und mein eigenes Gewand
ist durchstickt von Silbertand.
Meine Schuhe und das Kleid
wie mit Perlen überstreut.
Ein befrackter Dirigent
jetzt sein Zauberstäbchen schwenkt.
Und sogleich ertönt Musik.
Ich vergehe fast vor Glück.
Dann verließt mit Gravität
sein Poem ein Hofpoet.
Alles das zu meiner Ehr
ob ich schon Prinzessin wär.
Und der Prinz, so lieb und nett,
schwenkte mich im Menuett
links und rechts im Tänzerchor
und hin und her,
einmal längs und einmal quer.
Schnell und schneller.
Rückwärts - vor,
daß ich meinen Schuh verlor.
Mich erfaßt ein wilder Schreck
und - da war gleich alles weg.
Ängstlich schaue ich mich um -
alles öd und trüb und stumm.
Doch vorm Fenster auf der Truhe
perlbestickte weiße Schuhe.
So 'ne wunderbar Geschicht,
ob ihr’s glaubt nun oder nicht.

       " " "

Aschenbröedl

Musik: I.Zwetkow

Erst vor kurzem geschah es

       Dominik Hollmann
( nach einem russischen Lied )

Abends saßen im Kino
wir mit frohem Gemüt.
Eine Sängerin sang uns
von der Bühne ein Lied.
Von dem Wienerwald war es
eine liebliche Mär.
Erst vor kurzem geschah es,
doch schon lang ist es her.

Konnt ich damals erkennen,
konnt ich ahnen sogar,
daß der Abend ein Abschied
von der Jugendzeit war.
Doch er blieb mir im Herzen
dieser Walzer so hehr.
Erst vor kurzem geschah es,
doch schon lang ist es her.

Jene Tage zerrannen,
kehren nie mehr zurück.
Doch der Walzer verfolgt mich
und verspricht mir viel Glück.
Und mir scheint, daß im Saale
ich mit dir wieder wär.
Erst vor kurzem geschah es.
Ach, so lang ist es her.

       13.09.1989

Erst vor kurzem geschah es

Noten